Pädagogisch-Systemische Diagnostik
Weiterbildungsreihe
In der modernen Jugend- und Eingliederungshilfe stehen der Pädagoge und Betreuer einer zunehmenden Zahl von komplizierten Einzelfällen mit zunehmend komplexen und mehrdeutigen, defizitär-krankheitsorientierten Diagnosen gegenüber. Dabei lässt sich feststellen, dass die Einschätzungen, Hypothesen und Diagnosen aus dem medizinischen und psychologischen Bereich nur bedingt Handlungsspielräume schaffen, an denen sich Pädagogen und Betreuer im Alltag orientieren können. Eine eigene pädagogische und systemische Diagnostik, die auf eine Persönlichkeitsentwicklung (z.B. nach §1 KJHG in der Jugendhilfe) abzielt, stellt eine notwendige Grundlage für einen individuellen und flexiblen Betreuungsplan mit kurz- und langfristigen Entwicklungszielen für Kinder, Jugendliche und deren Eltern/Bezugspersonen dar.
An dieser Stelle möchten wir in unserer Arbeit die – aus unserer Sicht – untrennbaren Felder von Psychologie und Pädagogik miteinander verknüpfen und eine einzelfallorientierte sowie praxisnahe Diagnostik anbieten. Dabei steht der Auftrag zur Entwicklung von Persönlichkeit im Vordergrund. Aus unserer Sicht muss eine funktionale Diagnostik drei Aspekte umfassen, um diesem gerecht zu werden:
- Eine entwicklungsstandorientierte Einschätzung des Klienten → Hypothese
- Eine entwicklungsorientierte Maßnahmenplanung → Betreuungsplanung
- Regelmäßige Überprüfung von Einschätzung und Maßnahmen → Qualitätssicherung
Um den Entwicklungsstand einer Person einzuschätzen, haben wir Diagnostik I:
Systemisch-pädagogische Diagnostik von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen entwickelt. In diesem Theorie-Seminar bieten wir eine erste entwicklungsorientierte Grundlagenscheinschätzung für Kinder und Jugendliche an, welche im folgenden Seminar.
Diagnostik II:
Hypothesenbildung in Kleingruppenarbeit praktisch umgesetzt und gemeinsam eine Maßnahme geplant wird. Die Qualität der Einschätzung und der Hypothesenbildung hängt hierbei unmittelbar von der Qualität der in einer Anamnese erhobenen Daten ab.
Wir empfehlen im Vorfeld als Richtlinie immer die Erarbeitung von vier Informationsfeldern:
- Aktuelle Situation, da man davon ausgehen muss, dass bestimmte Symptome und Fähigkeiten den Entwicklungshintergrund der Person repräsentieren und insofern eine pädagogische Hypothese erlauben
- Lebenslauf der Person, um die Erlebnishintergründe auf Bestand der Hypothese zu überprüfen. Eine Hypothese ohne Lebenslauf kann aus unserer Erfahrung schwierig werden.
- Symptom-/Behinderungsgeschichte: Anhand des Verlaufs der Symptomatiken kann eine Hypothese weiter auf Stichhaltigkeit überprüft und unterschiedliche Störungsbilder ausgeschlossen werden.
- Familiengeschichte: Hier wird das Konzept der doppelten Hilfe- und Betreuungsplanung empfohlen. Einerseits können im Einzelfall Symptomatiken Gegenstand einer generationsübergreifenden Entwicklung sein. Andererseits ist über Ressourcenorientierung in der Eltern- und Familienarbeit die Entwicklung von Identität und Selbstbewusstsein erst wirklich förderbar.
Eine solche Anamnesearbeit gilt in der Regel nie als abgeschlossen, sondern ist einem stetigen Prozess der Weiterentwicklung unterzogen, weshalb die systemisch-pädagogische Diagnostik kein statischer Prozess ist, sondern sich in einem stetig überprüfbaren Wandel (Hypothesen) befindet.
Der Prozess Familiengeschichte innerhalb der Diagnostik- Weiterbildung stellt ein eigenes, komplexes Feld dar und findet Einzug in unseren Seminaren Diagnostik III: Grundlagen und individuelle Zielsetzungen in der systemischen Eltern- und Familienarbeit und Diagnostik VI: Einschätzung einer Hypothese und individuelle Maßnahmeplanung in der Eltern- und Familienarbeit. Während Diagnostik III wiederum theorieorientiert ist, möchten wir die erlernte Theorie in Diagnostik IV wiederum in Kleingruppenarbeit praktisch anwenden und werden innerhalb dieses Praxisseminares versuchen, Standard-Hypothesen zu entwickeln, die wichtige Orientierungen in Elterngesprächen und Familienarbeit bieten.
Die Supervisions- und Fallseminare finden jeweils nach Diagnostik II und Diagnostik IV statt und dienen der Vertiefung des bisher erlernten Theorieanteils. Gleichzeitig bieten diese beiden Seminare eine Plattform an, sich persönlich zu präsentieren und reflektieren.
Die Diagnostik- Weiterbildung verfolgt demnach den Zweck, entwicklungs-standorientierte, individualisierte und zielorientierte Maßnahmenplanungen sowohl für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene als auch deren beteiligte Familien und Eltern erstellen zu können. Diese Maßnahmenplanungen erfordern persönlichkeitsorientierte Grundkenntnisse über aktuelle Erkenntnisse aus Psychologie und Pädagogik.
Die Weiterbildung hat damit den Anspruch, gleichermaßen theoretische Kenntnisse als auch praktische Fertigkeiten der Teilnehmer zu erweitern.
Umfang der Weiterbildung:
Die Fortbildung setzt sich aus 4 Seminaren Theorie und Technik mit je 16 Unterrichtsstunden
(2- tägig) und 2 Übungs-Seminaren (Supervisions- oder Fallseminar) zusammen.
Themen der Theorie- und Technikseminare:
- Diagnostik I: Systemisch-pädagogische Diagnostik von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen
- Diagnostik II: Pädagogisch-systemische Diagnostik – Hypothesenbildung
- Diagnostik III: Grundlagen und individuelle Zielsetzungen in der systemischen Eltern- und Familienarbeit
- Diagnostik VI: Einschätzung einer Hypothese und individuelle Maßnahmeplanung in der Eltern- und Familienarbeit
Zur Vertiefung:
- Fallseminar/ Supervisionsseminar
Organisation
Die Seminare finden in Hilchenbach/NRW statt. Der Seminarort ist (wenn nicht anders angegeben) das Lagano Bildungszentrum, Friedrich-Ebert-Straße 24, 57271 Hilchenbach.
Teilnehmer
Es können Personen mit einer pädagogischen Ausbildung oder Arbeitsstelle teilnehmen. Die Weiterbildung ist berufsbegleitend, es wird erwartet, dass die Teilnehmer begleitend praktische Erfahrungen sammeln können.
Abschluss
Nach der Teilnahme an der Weiterbildung erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat.
Gebühren
Die Weiterbildungsgebühren betragen 1.640 €. Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind darin nicht enthalten.
Referenten
Jana Johnson, Psychologin M. Sc. und Dipl. Soz.Päd. Supervisorin, Systemische Familientherapeutin
Gunnar Johnson, Soziologe M.A., Systemischer Berater, Supervisor
Julia Horch, Systemische Familientherapeutin, Supervisorin
Anmeldung
Die Anmeldung kann formlos erfolgen. Die Teilnehmer erhalten daraufhin einen Weiterbildungsvertrag.
Hausinterne Weiterbildung
Wir können die Weiterbildung als einrichtungsinterne Maßnahme anbieten. Bei Bedarf erstellen wir ein Angebot.