Biographiearbeit und die Entwicklung von
Selbstbewusstsein bei Menschen mit Behinderung
In der Inklusionsdebatte nimmt der Begriff „Selbstbestimmung“ eine zentrale Position ein. Doch – woraus entsteht eigentlich das „Selbst–(bewusstsein)“ und damit die Fähigkeit, über sich selbst zu bestimmen? Es ist ein gravierender Irrtum, wenn man meint, es entstünde einfach aus einer Anpassungsleistung, aus der Erfahrung, den Anforderungen der Allgemeinheit gerecht zu werden. Im Gegenteil – daraus entsteht häufig ein Gefühl der Überforderung verbunden mit dem Verlust dessen, was das Eigene, das „Selbst“ ist (siehe das Phänomen des „Burnout“ bei nicht behinderten Menschen. In der Betreuung von Menschen mit Behinderung haben wir die Aufgabe, die Entwicklung der Persönlichkeit, ihr Selbstbewusstsein und ihre Fähigkeit zur Selbstbestimmung zu fördern. Persönlichkeit und das „Selbst“ lassen sich aber nicht einfach antrainieren. Ob behindert oder nicht – die Einzigartigkeit der Person entsteht immer aus der Wechselwirkung ihrer Vor– und Lebensgeschichte und den Anforderungen, die das Leben an sie stellt. „Selbstbewusstsein“ besteht in dem Wissen darin, dass man etwas für sich und an sich hat, das nicht von der aktuell geforderten Anpassungsleistung abhängt. In unserem Seminar wollen wir darstellen, wie man Biographiearbeit für die Persönlichkeitsentwicklung und die Förderung des Selbstbewusstseins bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung einsetzen kann. Unter „Biographiearbeit“ verstehen wir die Erforschung und das Verfügbarmachen von wertvollen Erfahrungen im Lebenslauf und von werthaltigen Vorbildern in der Familie der Person. Das Seminar beinhaltet einen theoretischen Teil zur Persönlichkeitsentwicklung und einen praktischen Teil zur Umsetzung der Biographiearbeit bei Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen.
Im praktischen Teil werden u.a. die folgenden Themen angesprochen:
• Aufgabendefinition bei unterschiedlichen Behinderungen (geistige Behinderung, unterentwickelte Persönlichkeit, chronische psychische Erkrankung)
• Nach welchen Informationen suchen wir? – Wer ist Ansprechpartner? – Einbeziehung von Angehörigen
• Verarbeitung der gewonnenen Informationen mit dem Betreuten
• Dokumentation
• Bezug zu den Betreuungszielen
Das Seminar wendet sich an alle Personen, die Menschen mit Behinderung betreuen.